Stein auf Stein. Das war seine Aufgabe. Jeden Tag. Die Mauer wuchs, nahm Form an. Jeder Griff ein Stein und jeder Stein ein Fortschritt. Harte Muskeln spannten sich über seinen Rücken, ließen Ihn hervortreten unter seinem, von Staub und Sand getränkten, Baumwollhemd. Kein überflüssiges Gramm hatte sich unter dem Regime der Arbeit halten können. Der Körper eine Maschine aus stählernen Muskeln. Er rutschte ein Stück vor auf seinen Knien. Die Kelle tauchte tief in den Mörtel, warf Ihn mit einem Hieb auf die nächste Steinreihe.
Ein weiterer Stein fand seinen Platz in der Mauer, bevor sein Handrücken über die schweißgetränkte Stirn wischte. Es war noch ein weiter Weg, bis die Mauer sich über den Kontinent spannen, Atlantik und Pazifik durch ein Meer aus Ziegeln verbunden sein würde.
Zwei schwere, schwarze Stiefel tauchten in seinem Augenwinkel auf, schritten auf Ihn zu. Die dunklen Schnürsenkelenden flatterten bei jedem Schritt wie Äste im Sturmwind. Er sah nicht auf, konzentrierte sich auf seine Arbeit. Hoffte, die Stiefel würden an Ihm vorbei gehen, jemand anderen als Ziel erwählen. Doch jeder Schritt trieb Sie näher zu Ihm. Näher. Näher. Sie kamen neben Ihm zur Ruhe. Von weit, so weit oben, hallte die tiefe, harte Stimme zu Ihm herab.
„Hey Travis, warum siehst du mich nicht an?“
Bedächtig hob er seinen Kopf, während sein Blick vorauseilend den Körper des Mannes hinauf glitt. Die dunkle Hose stand im herben Kontrast zu dem ausgeleierten, weißen T-Shirt, welches trotz seiner Unförmigkeit kaum den breit gebauten Oberkörper verstecken konnte. Zwar wölbte sich ein kleiner Bauch darunter, doch er konnte nicht von den Adern ablenken, welche sich über seine massiven, braungebrannten Arme spannten. Gelassen setzte dieser seine Bierflasche an seine Lippen und trank einen Schluck, bevor er diese absetzte und sich den Schaum mit der Rücken seiner anderen Hand vom Mund wischte.
„Arbeit macht durstig. Willste nicht auch einen Schluck?“ Er hielt die Flasche Travis hin, doch der machte nur eine abweisende Geste, während er sich aufsetzte.
„Danke, aber du weißt doch, dass ich keinen Alkohol trinke. Er schmeckt mir einfach nicht.“
Der Mann zuckte mit den Schultern, während sein Blick in die Ferne der Wüste streifte und genehmigte sich einen weiteren Schluck, bevor er antwortete.
„Wie du willst. Jeder macht ‘Merika auf seine Art wieder großartig.“ Erneut führte er die Flasche zum Mund, während er sich abwandte und mit einem Handgruß auf den nächsten zuschritt.
Die Sonne neigte sich bereits, als er sich erhob und streckte. Kritisch betrachtete er seine Arbeit, bevor er Kübel und Kelle packte, um Sie in dem windigen, kleinen Holzhaus zu deponieren, welches man Ihnen als Lager hingestellt hatte. Sein Schatten eilte Ihm voraus, streckte sich wie ein Riese in die Ferne.
Zwei Soldaten kamen Ihm entgegen, waren auf dem Weg zum neuen Teil der Mauer. Die schwarze Beschichtung Ihrer Gewehrläufe glänzte im Licht der tief stehenden Sonne. Travis studierte Ihre wettergegerbten Gesichter. Durch das Gegenlicht waren Ihre Augen zu Schlitzen verengt, hatten jede Aussagekraft verloren. Sie würden bestimmt am neuen Teil der Mauer kampieren. Seit dem Beginn der Bauarbeiten war die Aktivität der Grenzläufer mit Ihren kleinen, weißen Drogenpäckchen explodiert. Wollten die Kartelle doch noch möglichst viel der tödlichen Fracht in Geld umwandeln.
Als Sie näher kamen wich der größere der Beiden von seinem Weg ab, schritt auf Travis zu. Ohne eine Regung in den Muskeln seines Gesichts hob er seine rechte Hand über seinen Kopf. Travis blieb stehen, blickte in das Antlitz dieses Mannes, der über viele Jahre gelernt hatte, zu kämpfen. Zu überwinden. Zu töten. Langsam hob er seine rechte Hand, bis Sie auf gleicher Höhe war und schlug ein. Das Klatschen der aufeinander prallenden Handflächen hallte über die leere Fläche der Wüste und brach sich an einem fertigen Teil der Mauer. Die Andeutung eines Lächelns zuckte über den Mundwinkel des Soldaten, während ein einzelnes Wort über seine zusammengepressten Lippen huschte. „MAGA.“
Fast flüsternd antwortete Travis. „MAGA.“
Erschöpft, und doch zufrieden lies er sich in seinen Wagen fallen. Zart streichelten seine Finger über das lederbespannte Lenkrad, sogen das vertraute Gefühl der kaum spürbaren Unebenheiten in sich auf. Sein Blick glitt über den matten Glanz des kirschroten Lacks der Motorhaube, welche sich eine Unendlichkeit in die Ferne zu spannen schien. Der Wagen war sein ganzer Stolz. Nicht wegen seines Aussehens. Auch wenn er den Wagen dafür liebte. Vielmehr war es der Stolz, einer der ersten 100 gewesen zu sein, welche sich für den Job an der Mauer beworben hatten und dafür einen Wagen aus echtem Detroit-Stahl geschenkt bekommen zu haben. Er hatte sich für den Challenger entschieden. Der Camaro war Ihm zu sehr Sportwagen, hart, unkomfortabel. Und der Mustang war Ihm zu rundlich, zu europäisch. Ausserdem mochte er den Namen. Challenger. Herausforderer. Er wollte die Welt herausfordern. Und sich selbst.
Die Spannung seines Körpers löste sich, lies Ihn tiefer in den Sitz gleiten.
Er brauchte noch ein paar Minuten, bevor er die Kraft fand, den Schlüssel zu drehen und den gurgelnden V8 Motor zum Leben zu erwecken. Sanfte Vibrationen ließen den Wagen unter seiner eigenen Kraft zittern, angespannt wartend auf den Moment der Erlösung. Unter dem Tritt aufs Gaspedal erhob sich das Gurgeln zum feindlichen Brüllen eines wilden Tieres. Hart. Stark. Ungezähmt. Er war auf den Weg nach Hause.
Gemächlich rollte der Wagen in die Auffahrt seines Hauses, lies den Kies knirschen, bevor er stotternd zum Stillstand kam. Das Haus war nichts Besonderes. Klein, alt, mit abblätternder Wandfarbe und einem undichten Dach. Aber es war seins. Schuldenfrei. Der Rest würde sich mit Muskelschweiß und Farbe ergeben.
Er hatte auf dem Weg im Supermarkt noch ein paar Besorgungen gemacht. Nichts großartiges. Zucker, Bohnen, Reis, etwas Fleisch; denn bald war Sonntag; und zwei bis dreitausend Schuss Munition für das Plinkern mit Freunden auf der Gun Range. Die genaue Anzahl wusste er nicht, seit der neuen Gesetzregelung durften die Supermärkte Patronen auch in Kilopackungen verkaufen.
Die Munition ließ er im Kofferraum liegen, als er die Tüte mit den anderen Einkäufen packte. Wuchtig knallte der Kofferraumdeckel zu und er bewegte sich schnellen Schrittes auf die Eingangstür seines Hauses zu. Nur seine Willenskraft hielt ihn davon ab, wie ein Gejagter auf die Türe zu zu hasten.
Vielleicht seine harten Schritte, wahrscheinlich der gurgelnde Motor seines V8, ließ das Schloss der Türe metallisch klacken, noch bevor er die Schwelle erreicht hatte. Die junge Frau trat einen Schritt zurück, während er seine Einkaufstasche achtlos in den Gang stellte, seine Augen fest fixiert auf die Ihrigen.
Die Hände adrett gefaltet über Ihrem langen, dunkelblauen Kleid stand Sie da. Weiße Strähnen durchzogen, trotz Ihrer Jugend, das schwarze Haar wie klare Gebirgsbäche, welche sich über Ihre Schultern ergossen. Die langen Ärmel bedeckten Ihre Arme hinab bis zu den Rüschen, welche sich um Ihre Handgelenke kräuselten. Auch die Bluse war hochgeschlossen, zugeknöpft bis zum Hals verdeckte Sie eben jene schmalen Schultern, über die Ihr Haar verspielt hinabplätscherte. Eine tiefe Brandnarbe zog sich über Ihren zarten Hals, während eine weitere, nicht minder groß, über Ihre Wange zu Ihrer Stirn hinaufstrebte und die Haut um Ihr rechtes Auge rötlich färbte, selbiges nur um Haaresbreite verschonend.
Es war eine ewig mahnende Erinnerung Ihres früheren Lebens. Eine Erinnerung, welche sich in schlangenartigen Striemen über Ihren gesamten Körper zog. Verschämt zupfte Sie an der linken Rüsche herum, um diese besser über die Brandnarbe Ihrer versehrten linken Hand zu drapieren.
Doch es war nicht wichtig. Was zählte war nicht die äussere Schönheit, sondern die Innere. Und nichts in dieser Welt strahlte heller für Ihn als diese Frau.
Zögernd streckte sich seine Hand nach Ihrer Wange aus, streichelte vorsichtig über Ihre vernarbte Haut, wie über zerbrechliches Porzellan, welches noch unter der sanftesten Berührung zu zerspringen drohte. Ungläubig bewegte sich sein Kopf hin und her, bevor die Worte es schafften über seine Lippen zu steigen.
„Ich… Dass…“ Seine Pupillen sprangen für den kleinsten Teil eines Moments auf Ihre Schulter, verbargen sich vor Ihrem erwartungsvollen Blick. Endlich fanden die Worte Ihre Bedeutung und er sah Ihr tief in die Augen.
„Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir nun die Chance haben zusammen zu sein. Glücklich zu sein. Damals… es schien alles so weit weg damals. Und doch. Und doch!“
Ein rubinfarbener Schleier legte sich über Ihre Wangen. Sie blickte verschämt weg, doch ein glückliches Lächeln legte sich über Ihre Lippen.
Seine Hände lösen sich, umarmen Sie, packen Sie fest. Es reißt Sie hoch, Ihm entgegen. Ihre Füße berühren kaum noch den Boden, während er Sie ruppig an sich drückt. Den einen Arm fest um Ihre Hüfte geschlossen und die andere Hand schützend über Ihren Nacken gelegt ruhte Ihr Kinn auf seiner Schulter. Sanft wisperte er in Ihr Ohr „Ich liebe dich.“
Sie schloss Ihre Augen, und flüsterte „Ich dich auch.“
Langsam trafen die Gäste ein für das Fest. Es gab viele Feste seit der Wahl wurde Travis klar. Wieder klingelte es. Bevor seine Frau aus der Küche huschen konnte war er bereits an der Tür und öffnete diese.
Ein schwarzer Mann, hochgewachsen, durchtrainiert, lehnte am Türrahmen. Sein Haar war kurz geschnitten, fast rasiert und doch lockten sich bereits jene wenigen Millimeter unverkennbar. Das Weiß seiner Augen stand im starken Kontrast zu der kohleartigen Dunkelheit seiner Haut. Während sein rechter Arm entspannt herabbaumelte hatte er den Linken angewinkelt, was die Hand hinter seinem Rücken verschwinden lies.
Travis begann zu lächeln und hob seine Hand zur Begrüßung. „Jo, Nigga!“
Die Augen des Schwarzen verengten sich und die Züge seines Gesichts wurden hart.
„Ey, was sagst du da? Hm, Nigga?“ Bedrohlich hob sich seine rechte Hand vor sein Gesicht, während der Linke Arm leicht zuckte, als würde er etwas in der Hand hinter seinem Rücken drehen. Seine rechte Hand schnellte nach vorne, klatschte gegen Travis‘ offene Hand.
„Ey Weißbrot hättest dein Gesicht sehen sollen!“ Lachte er, während sich seine Züge entspannten und er eine Flasche Sekt hinter seinem Rücken hervorzog. „Danke für die Einladung Alter!“
Travis zuckte nur mit den Schultern.
„Ein Trumpster ist immer willkommen. Weißt du eigentlich, ob Enrico kommt? Ich habe nichts von Ihm gehört.“
„Sag bloß, du weißt das nicht? Sie reparieren doch nun die ganzen Interstates. Stell dir vor, er hat einen Stand neben einer der Baustellen aufgemacht. Hat einfach 4 Hölzer in die Ecken der Ladefläche seines Pick up Trucks geschraubt und einen Baldachin drüber geschmissen. Da sitzt er den ganzen Tag und verscherbelt Obst an die Arbeiter. Und wenn der Straßenabschnitt fertig ist fährt er einfach auf der Straße zum nächsten Straßenabschnitt.“
Travis begann zu lachen. Es war genau das, was er von Enrico erwartet hatte. Seit dem Tag von Trumps Wahlgewinn hatte er Ihn keinen Tag mehr gesehen ohne sein rotes „Make America great again“ Käppchen, welches er noch eine Woche vor Trumps Sieg sorgsam in einer verschlossenen Kiste unter seinem Bett versteckt hatte.
Travis machte eine einladende Bewegung und geleitete seinen Freund herein.
Jeder hatte Platz genommen, die Männer auf jenen Stühlen, welchen Sie mit den, über die Rückenlehnen gehängten Mänteln als die Ihren markierten, und die Frauen auf den Plätzen zur Linken Ihrer Männer.
Teller klackerten, als jeder sich eine Schale des Eintopfes einschenkte, dessen Duft den Raum erfüllte. Ein einfaches Gericht, und doch lies der Geruch von Erbsen, klein geschnittenen Karotten und zartem Fleisch, veredelt mit einer Prise Pfeffer, Ihnen das Wasser im Munde zusammenlaufen.
Travis lehnte sich zurück, den rechten Arm über die Rückenlehne legend. Seine Frau saß neben Ihm, die Hände adrett im Schoß gefaltet, doch der ganze Körper war eine Schräge, welche zu ihm hinstrebte. Ihre strahlenden Augen blickten zu Ihm auf, suchten nach seiner Aufmerksamkeit.
Beide Hände ausbreitend erhob Travis das Wort an die Anwesenden. „Ich danke euch, dass Ihr heute Zeit gefunden habt.“ Lachen breitete sich durch den Raum. Seit der neuen Zeit hielt es keinen mehr allein in den eigenen Räumen. Umzingelt von technischen Firlefanz der Sie mit der Welt verband und doch nur isolierte. „Und meiner Frau möchte ich für das leckere Mahl danken.“
Trotz dieser Worte schrak Sie zurück wie unter einem Schlag. Ein trauriger Ton schwang in Ihrer Stimme.
„Nein. Bitte lob mich nicht. Es ist ein so einfaches Essen.“ Sie seufzte. „Ich hatte es nie besser gelernt. Es tut mir so leid.“
Irritiert drehte Travis sich seiner Frau zu und legte behutsam seine kräftigen Hände auf Ihre schmalen Schultern. „Sag doch sowas nicht. Wen interessiert, ob ein Essen einfach ist oder nicht? Es ist gut. Das ist alles was zählt.“
Errötend blickten Ihre weiten Augen Ihn an, bevor Sie Ihren Kopf schüchtern zur Seite wandte. Sie mied seinen Blick, doch Ihr Lächeln verriet Sie.
Ihre Arme schlossen sich um seine Hüfte, als Sie sich an Ihn drückte. „Bitte.“ Ihre Wange schmiegte sich an seine Brust. „Tätschel meinen Kopf.“
Sanft glitten die Finger seiner Hand über Ihren Scheitel, wuschelten durch Ihr Haar, während Sie sich nur noch fester in seiner Brust vergrub.
Scotts Stimme durchbrach die Stille. „Zum ersten Mal verstehe ich, warum du unbedingt Sie haben wolltest.“
Travis legte den Kopf schief, rollte Ihn leicht auf seine Schulter, um Scott aus den Augenwinkeln betrachten zu können. „Was interessieren mich die Frauen, die mir nie mehr als leere Worte geschenkt haben, als ich einsam war? Sollen die Anderen Sie haben!“
Abwehrend hob Scott seine Hände in die Luft, die einzelnen Finger aufspreizend wie Fächer und lehnte sich zurück. „War nicht persönlich gemeint. Jetzt kann ja jeder mit der Person zusammenleben, die man liebt. Sogar Jakob vom nächsten Block ist endlich mit seinem Liebhaber zusammen.“ Kraftlos legte sich seine rechte Hand auf seine Stirn, ein Auge verdeckend. „Gott, als wäre das für Irgendjemand ein Geheimnis gewesen.“
Schnell fanden die Anwesenden wieder zu den alten Themen zurück.
„Wisst Ihr noch, Health at all Sizes? Der gewaltsame Aufstand der HAES Bewegung scheiterte daran, dass die meisten es nicht durch die Türrahmen schafften.“
„Ja. Und als Sie durch das staatlich verordnete Trainingslager plötzlich unter 300 Kilo wogen, waren Sie plötzlich ganz zufrieden.“
„Scheint auch kaum noch Feministen zu geben, seit alle Frauen wieder normalgewichtig sind.“
„Ne, viele von denen sind doch in den mittleren Osten migriert. Die hatten alle gehofft, als Helden behandelt zu werden, da Sie deren Brüdern im Westen beigestanden hatten.“
„Sind nicht die meisten von Ihnen gesteinigt worden?“
„Nur die, die nach den ersten Prügeln immer noch glaubten, Ihren Besitzern widersprechen zu müssen.“
„War wohl doch nicht so schlimm im westlichen…“ er betonte das Wort abfällig, zog es in die Länge, um die Lächerlichkeit herauszustellen „…Patriarchat.“
Schallendes Gelächter brach durch den Raum, erfüllte Ihn bis in die letzte Ritze.
„Ey, wisst Ihr noch, vor Trump? Da wollten Sie uns erzählen, dass Klimaanlagen sexistisch sind. Weil Frauen kühl werden könnte.“ Wieder explodierte das Gelächter.
„Ja wozu sind die verdammten Dinger den sonst da? Zum Grillen?“ Der Raum tobte.
Sanft klackte das Relais des Fernsehers, und der Bildschirm des einzigen, elektronischen Geräts im Raum hellte auf. Die samtige Stimme der Nachrichtensprecherin lies alle Anwesenden verstummen. Es war Zeit für die Nachrichten. Natürlich hatte Travis einen Trump Dongle besorgt; wie alle seine Freunde; um nicht die neuesten Taten zu verpassen, die Amerika wieder großartig machten.
„Heute auf News Today: Die News Today.”
Die adrette Nachrichtensprecherin lies die Nachrichtenkarten in Ihren Händen dreimal klangvoll auf den hölzernen Ansagertisch fallen, um Sie zu ordnen, bevor Sie weitersprach.
„Zum einjährigen Jubiläum der Wahl von Präsident Trump wurde der komplette Trump Tower mit Gold überzogen. Die Arbeiten wurden vor dem geplanten Termin abgeschlossen. Auch waren die Kosten, durch Spenden der Bevölkerung, weit unter dem geplanten Budget.
Aus diesem Anlass hält unser Präsident bereits heute Abend seine Rede an die Nation, welche natürlich live von uns übertragen wird.
Neue Verschärfung der Asylregeln treten in Kraft. Personen aus folgenden Ländern können nun nur noch mit Nachweis des Kaufes eines MAGA Käppis vor dem 08.11.2016 Asyl in Amerika beantragen: Iran, China, das Kalifat Schweden und der islamische Staat Deutschlands.
Trump verspricht Care-Pakete für die verbliebenen Teile der EU, welche noch nicht zu den Vereinigten Staaten von Eurabia gehören. Desweiteren wird das Raumfahrtprogramm intensiviert, Präsident Trump ist sicher, dass wir in 5 Jahren die erste amerikanische Kolonie auf dem Mars haben. In einem kürzlichen Interview sagte er ‚Warum nur eine Basis auf dem Mond bauen, wenn man auch eine schaffen können auf dem Mars?‘
Eine Gruppe von Bürgern bot Präsident Trump in einem offenen Brief eine handgetriebene Kupfertafel zur Ehrung seiner Verdienste an. Präsident Trump jedoch lehnte den Titel des „Protectors of Menkind“ ab. Er sagt, er wäre für alle Amerikaner da. Außerdem seie Ihm sein Name schon Titel genug.
Oreo-Fabriken schließen, seit Trump nach einem Staatsdiner öffentlich sagte „Keine Oreos mehr“, Sie stellen nun amerikanische Cupcakes her, was wiederum die Verkaufszahlen verdoppelte und 10.000 neue Stellen schuf.
Obamacare wurde durch den heutigen Beschluss auf das nötigste beschränkt und umbenannt in Trumpcare. Fachleute schätzen, dass sich so die Versicherungskosten auf ein Zehntel der ursprünglichen Kosten für die Versicherten sinken werden. Eine, für jeden Amerikaner erschwingliche, freiwillige Grundversicherung ist laut Aussage der der Analysten nun zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten in greifbare Nähe gerückt.
Zusammenbruch der öffentlichen Systeme von Kanada imminent, da durch die Amerikaner, welche das Land im Protest verlassen haben die Arbeitslosenrate der kanadischen Bevölkerung auf 78% gestiegen ist.
Der kanadische Bevölkerungszuwachs durch, aus Protest nach Kanada immigrierte Amerikaner, beträgt 17 Prozentpunkte in den letzten 6 Monaten. In weiteren Nachrichten: Die Zahl der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger in Kanada ist in den letzten 6 Monaten um 16,5 Prozentpunkte gestiegen.
Eine neue Studie hat errechnet, dass nach der Wahl von Präsident Trump 87% der Trump Hasser, welche das Land flüchtend verließen nach Kanada emigrierten. Die Anzahl der nach Mexiko emigrierten Personen nach der Wahl beläuft sich hingegen auf 3 Personen. Diese wurden jedoch umgehend von Mexiko ausgewiesen.
Der mexikanische Premierminister dankte in einem öffentlichen Interview Präsident Trump für das rasche Voranschreiten der Bautätigkeiten an der Mauer. Seit der Bauabschnitt bei Juárez fertiggestellt wurde seien sowohl Intensität als auch die Anzahl der Verbrechen der Drogenkartelle in diesem Landstrich stark gefallen. Auch sei die Anzahl der begabten Mexikaner, welche nun Ihr Wirken in Mexico betreiben und damit die lokale Industrie stützen, anstatt nach Amerika zu immigrieren durch die Abschaffung der Zuzugserleichterungen für Begabte auf einem Allzeithoch.“
Dumpf knallte eine Faust auf den Tisch, erschreckte die gebannt lauschenden Anwesenden. Alle Köpfe wandten sich um, suchten nach der Quelle. Ein junger Mann am Tisch, der zu scheu gewesen war, der Diskussion beizutragen stützte sich mit beiden Ellenbogen auf dem Tisch auf. Seine Hände pressten schwer gegen seine Schläfen, fixierten seinen widerstrebend zitternden Kopf. Harter, unregelmäßiger Atem stieß aus seinem gekrümmten Oberkörper, lies diesen mit jedem Zug beben. Unter seinen Händen versteckt starrten die weit aufgerissenen Augen in die Tiefe der Maserung des Tisches, als ließe sich in Ihm die Antwort finden auf eine widernatürliche Frage.
„Ich halte es einfach nicht mehr aus!“ Er spuckte jedes Wort wie eine bittere Frucht aus. „Ich bin schon ganz müde und krank von diesem dauernden gewinnen! Das ist einfach zu viel!“
Terrels schwarze Hand legte sich beruhigend auf Johns Schulter.
„Es ist hart für uns alle. Dauernd zu gewinnen. Noch vor zwei Jahren kannten wir dieses Gefühl gar nicht. Doch wir müssen da durch. Für uns. Für Amerika. Für Trump.“
John schniefte kurz und sah auf. Seine angstgeweiteten Augen sprangen zwischen den besorgten Minen seiner Freunde hin und her. „ Ja, aber wieso leisten die keinen Widerstand? Wie können wir immer so einfach gewinnen? Die waren doch so mächtig. Die wollten uns alles wegnehmen! Unsere Waffen! Unsere Arbeit! Unsere Freiheit! Unsere Zuversicht! Unsere Lebensfreude! Hatten selbstgefällig darauf gewartet, von uns gewählt zu werden, weil es Ihre Zeit war. Weil es keine Wahl für uns gab. Nur mehr vom Selben. Eine Wahl, zwischen zweien. Eine Wahl, die keine ist. Als wäre es schon vorher ausgemacht. Als wäre das alles vorherbestimmt und wir könnten nichts dagegen tun! Wie kann ein so mächtiger Feind so leicht zu schlagen sein? Es kann doch nur eine Falle sein!“
Jack schrie quer über den Tisch, als müsste seine Stimme nicht nur Johns Ohren erreichen, sondern auch einen Ort tief vergraben in seiner Seele. „Wie hätten Sie uns aufhalten können? It’s a Movement.“ Doch er sprach es seltsam aus, die Vokale jonglierten in seinem Hals, bis es mehr wie das langgezogene Heulen eines Wolfes klang. A Wooovement.
Travis lehnte sich zurück und schüttelte leicht den Kopf. „ Es stimmt schon. Wir waren alle hoffnungslos, bis er kam. Wie kann das sein? Dass ein einziger Mann so viel bewirkt?“
Jack lehnte sich noch ein Stück weiter vor, musste sich am Tisch stützen, um nicht vornüber zu kippen. „Er hat uns wieder ein Ziel gegeben.“
Stille kehrte ein. Jeder sann für einen Moment über diese Worte, bis Travis seine Stimme erhob. „Nein, er hat uns wieder Hoffnung gegeben.“
Das Licht der Straßenlaterne fiel als saphierfarbener Schimmer durch die blauen Vorhänge des Schlafzimmers. Bedächtig knöpfte Travis sein Hemd auf und blickte dabei durch den schmalen Schlitz im Fenstervorhang, welcher einen hellen Streifen über sein Gesicht zeichnete. Die letzten Freunde waren schon längst gegangen, ließen das Haus zurück in Stille. Sich des Hemdes entledigend wandte er sich in dem kleinen Zimmer um. Die Einrichtung war spartanisch. Zwei gepolsterte Stühle und ein Bild von Ihm und seiner Frau, gerahmt in Silber, waren der einzige Schmuck des Raumes. Abgesehen von seiner Frau, welche auf dem schmalen Ehebett saß und zu Ihm herübersah, die Hände, welche Sie stützten, tief in der Decke vergraben. Ihre Anwesenheit schien den kühlen Raum mit einer Wärme zu erfüllen, wie es alle Schätze der Welt zusammen nicht vermochten.
Sie trug ein kurz geschnittenes Nachthemd, dessen weißer Stoff sich verführerisch an die wenigen Rundungen Ihres Körpers schmiegte. Nur von zwei schmalen Stoffstreifen gehalten, welche sich über Ihre Schultern spannten, entblößte es die Brandnarben, welche sich über Ihre Arme zogen.
Seinem Blick ausweichend starrte Sie scheu auf Ihre unbedeckten, doch ebenso befleckten Schenkel und zog den Kopf noch etwas stärker ein. Ihre Lippen wurden zu einem einzigen Strich, als Sie traurig die Narben an Ihren Beinen studierte, welche bis zu Ihren Zehenspitzen reichten.
Er wusste, wie schwer es Ihr selbst im Halbdunkeln des Schlafgemachs immer noch fiel, Ihre Narben so offen zu zeigen. Die Angst vor Zurückweisung. Nicht zu genügen. Er kannte diese Gefühle, wusste zu schätzen, wie sehr Sie darum kämpfte, sich zu überwinden.
Der erste Schritt auf Sie zu lies Sie erschrocken zucken. Vor Ihr stehend ging er bedächtig in die Knie, bis er Ihr tief in die Augen sehen konnte. Sie wollte wegblicken, doch seine rechte Hand fuhr vorsichtig in Ihr Haar, packte es und zog sie sanft zurück. „Wir können uns vielleicht nicht alles leisten, was wir wollen. Aber alles, was wir brauchen. Dich. Mehr brauche ich nicht.“ Seine Augen schlossen sich und er gab Ihr einen Kuss, den Sie erst zögerlich, dann heftig erwiderte.
Schnell sanken Sie auf die Decke und genossen Ihren Moment der Zweisamkeit.
Es musste bereits eine Stunde vergangen sein, bevor sich seine harten Hände von Ihren süßen Hüften lösten, und Sie sich erschöpft unter der Decke aneinander kuschelten. Er spürte Ihre Wärme, so wie Sie die seine spüren musste, als er sich über Sie lehnte, um Ihr noch einen letzten Kuss auf Ihre Wange zu hauchen. „Ich liebe dich, Sylvie.“
Sie kuschelte sich noch etwas näher an seinen harten, heißen Körper. Er spürte, wie seine Augenlider schwer wurden. Zärtlich legte sich sein Arm über Ihre Hüfte. Seine Finger fanden die Ihren und verschränkten sich in einander. In das Reich der Träume abgleitend drang noch die leise Stimme seine Frau an sein Ohr. Ich liebe dich.
Drrring, Drrring, Drrrring. Das blecherne Klingeln des Weckers lies Ihn aufschrecken. Hatte er verschlafen? Er wollte Sylvie nicht wecken… aber die Mauer… Seine Hand tastete nach dem Wecker, fand jedoch nur einen flachen Kasten, welcher zu jedem Ton vibrierte.
Endlich schaffte er es, seine Augen zu öffnen. Verwirrt streifte sein Blick durch den bunt ausstaffierten Raum, vollgestopft mit grell kolierten Zeichnungen an den Wänden und farbenfrohen Figuren, zugehörigen bebilderten Heftchen und sonstigem Krimskrams, welcher in starkem Kontrast zu dem Bücherregal voller dicker und dünner Wälzer stand. Ein Wirrwarr aus Kabeln zog sich durch die Ecken des Raums, verband Computer, Soundanlage und Fernseher mit Elektrizität.
Sylvie…
Er wirbelt herum im Bett, reißt die Decke weg. Das geliebte Gesicht begrüßt Ihn. Etwas stimmt nicht. Starr. Unbeweglich. Flach. Es braucht eine Sekunde bis es Sinn macht. Die liebliche Frau, von Narben gekennzeichnet, in Ihrem schönen, dunklen Kleid, nur ein aufgedrucktes Bildnis auf einem länglichen Kissen von fast 150 Zentimetern.
Die Elemente begannen sich zu einer Erkenntnis zu fügen. Einer grausamen, schrecklichen Erkenntnis.
Ein Traum. Ein Traum. Es war nur ein Traum.
Noch immer klingelte der Wecker des Smartphones in seiner Hand, vibrierte bei jedem Ton. Er blickte auf den Bildschirm und stoppte den Wecker. Kaum verschwand dieser vom Bildschirm strahlte Ihn sein Hintergrundbild entgegen. Ein Bild von Donald Trump am Redepodium. Der Fotograf hatte Ihn in dem Moment verewigt, als Trump beugte vorbeugte, den Zeigefinger warnend erhoben und die Lippen sich zu einem „o“ formten. An der einen Seite jedoch hatte jemand zwei gezeichnete Frauen eingefügt.
Auf der freien Seite des Bildes stand ein Satz, in Anführungszeichen gesetzt, als wäre es ein Zitat von Ihm. „Ich werde Anime real machen!“
Er setzte sich auf die Kante des Bettes und verharrte dort Regungslos. Während Minute um Minute verging, starrte er ins Leere. Geistesabwesend streichelte seine Hand über das bedruckte Kissen. Er konnte noch die flüchtige Wärme seiner Umarmung der letzten Nacht in den Fingerspitzen spüren.
Der 8. November 2016 war gekommen und wieder gegangen. Die Wahl, auf die er so lange, so sehnlich hingewartet hatte war beendet. Trump war der Sieger. Es war vorbei.
Über eine Woche war vergangen. Die Erinnerung kehrte zurück. Er hatte gefeiert. Tag um Tag. Den ersten Sieg seit vielen Jahren.
Langsam blickte er auf, studierte teilnahmslos den Raum, als wäre er nur ein Gast in einem fremden Haus. Bücher über alle möglichen Themen und Gebiete, welche er nie ernsthaft verfolgt hatte stapelten sich neben Bergen japanischer Comics. Mangas. Die Differierung war Ihm immer wichtig gewesen. Ein Dutzend kleinere und größere Plastikfiguren von gezeichneten Helden und Heldinnen standen bunt verteilt im Raum und fingen Staub ein, genau wie all der andere Krimskrams, den er über die Jahre gekauft hatte, um sich einen Moment der Zufriedenheit zu erwerben.
Technische Geräte, welche er kaum brauchte, aber jedes Jahr durch neuere Modelle zu horrenden Preisen austauschte zogen Ihre Spuren in Form von dünnen, schwarzen Kabeln durch das Zimmer. Einiges davon in ein anderes Regal gestopft, in dem sich alte Actionfilme, Dramen, und japanische Zeichentrickfilme, Animes, sammelten. Die Abgrenzung war Ihm so wichtig gewesen. Warum nur? Es schien alles plötzlich so klein, so unwichtig zu sein.
Auch sein Dakimakura, das Kissen, stammte aus Japan. Es musste wohl viele Menschen dort geben, die sich genau so geschunden fühlten wie er.
Er hatte oft verloren. Nichts schien je so zu laufen, wie er hoffte. Darum hatte er irgendwann aufgeben. Ein nervenzerfressender Job für ein sicheres Gehalt, und kaum noch Zeit für seine Freunde. Ein sicheres Gehalt, um sich Dinge zu kaufen, die er nicht brauchte, um Zeit totzuschlagen, in der er etwas hätte ändern können. Tag ein, Tag aus. Routine.
Jeden Tag eine Zurückweisung. Jeden Tag ein kleines Geschenk an sich selbst, um den Schmerz zu betäuben.
Nichts hatte sich verändert seit der Wahl. Und doch fühlte sich alles anders an.
Sie hatten Trump alle Steine in den Weg gelegt, hatten Ihm alles entgegengeworfen, was Sie hatten. Ihn in jedem Moment behindert und diffamiert. Ein gigantisches Mediennetzwerk, die Democratic Party, Silicon Valley, ja sogar seine eigene Partei standen gegen Ihn. Und er hatte gewonnen.
Nun nannten die Erfinder dieser Fake News alle, welche die Wahrheit schrieben Fake News. Travis musste an den Baron Münchhausen denken. Es dauerte etwas, bis Ihm die Ironie klar wurde und er musste schmunzeln. Zwischen dem Baron und den Medienkonglomeraten gab es nämlich einen Unterschied. In einer Sache hatte Münchhausen nicht gelogen. Man kann sich selbst aus dem Sumpf ziehen.
Bedächtig erhob er sich aus seiner Starre und wandte sich seinem Schrank zu.
Seit Jahren hatte er nur Polo-Hemden getragen. T-Shirts, wenn er sich selbst dazu nicht hatte aufraffen können. Der Griff in die vergessenen Tiefen seines Kleiderschranks brachte ein perlweißes Anzughemd hervor. Bedächtig schloss er einen Knopf nach dem anderen. Es spannte an seinem Bauch. Er würde wieder trainieren müssen. Vielleicht wieder Boxen. Alte Freunde treffen. Menschen, die Ihm wichtig waren. Denen er wichtig war.
Der nächste Griff, eine burgunderfarbene Krawatte. Wie lange hatte er schon keine mehr getragen? Er erinnerte sich nicht. Doch wie Sie zu binden war hatte er nicht vergessen. Nein, das konnte er nicht vergessen.
Der alte Anzug in edlem Dunkelgrau, er hatte Ihn sich damals so gewünscht. Dreireiher. Doppelreihe. Für eine strahlende Karriere, die nie kam. Wie lange er wohl schon in seinem dunklen Eck ruhte, darauf wartete, wieder ins Licht zu treten? Es war ein beruhigendes Gefühl, Ihn wieder an seinem Körper zu spüren.
Er würde einiges in seinem Leben ändern müssen. So viele Anstrengungen zu ertragen. Egal. Es störte Ihn nicht. Eine Liste wäre eine gute Idee. Es gab so viel zu tun. Die Türe seiner Wohnung
schien von alleine aufzufliegen, als der den Griff umfasste. Seine Augen schlossen sich und er sog die kalte, schwere Morgenluft ein, bis er Sie bis tief in die Brust spürte. Es hatte sich nichts verändert und doch war alles anders. Er hatte etwas gesehen.
Eine Zukunft, für die es sich zu kämpfen lohnt.