Implikationen

In diesem Artikel dreht sich alles um den Film „Chappie“ von Neill Bloomkamp.

„Chappie“ ist ein guter Film. In seinen besten Momenten erinnert er mich an „Nummer 5 lebt“, der auch das Thema Kampfroboter und künstliche Intelligenz aufgegriffen hatte. Auch manche Entwicklungen in der Realität gehen durchaus in diese Richtung. Nur in einer Sache greift „Chappie“ zu kurz. Der Regisseur erkennt die Ausmaße jener Dinge nicht, die er in Chappy heraufbeschwört.

Vorsicht, wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte diesen sich vor dem Lesen dieses Artikels „Chappie“ ansehen, um sich nicht die Geschichte zu verderben, da das Ende erzählt wird.

Worum geht es in dem Film? 3 Ghettogangster schaffen es, einen ausrangierten Polizeiroboter in Ihre Finger zu bekommen und wollen mit diesem ein paar Überfälle begehen, um Ihre Schulden zu bezahlen. Dummerweise müssen Sie Ihn erst von Grund auf Erziehen, da Sie das einzige Modell mit selbstlernender, künstlicher Intelligenz erwischt haben. Sie nennen Ihn Chappie und der Roboter hilft Ihnen, bis er die Tragweite seines Handelns erkennt und erfährt, dass er bald sterben wird. Wie soll eine Maschine sterben können? Nun, die Batterie ist defekt und mit der Chassis verschmolzen. Nicht ersetzbar, und seine Programmierung nicht übertragbar, da er ein Bewusstsein entwickelt hat.
Darum entwickelt Chappie ein Gerät, mit dem er sein Bewusstsein in einen Anderen Roboterkörper übertragen kann. Auf der großen Flucht vor Ihrem Gegenspieler, einen Entwickler, der die autonomen Roboter gegen seine Erfindung, einen von Menschen gesteuerten bipedalen Panzer, ersetzen will sterben zwei der Helden und werden von Chappie in Roboterkörper verfrachtet. Die Frau Yulandi sogar nur durch eine, auf einem USB Stick gespeicherte Bewusstseinskopie Ihrer selbst.

Man beachte, nicht der Roboter oder sein Erfinder sind böse, der Schurke des Films ist ein, gegenüber künstlicher Intelligenz misstrauischer Erfinder, der lieber mit Menschen bemannte Roboter sehen will.

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In Anbetracht selbststeuernder Autos, der Entwicklung von selbstdenkenden Militärrobotern und einer Hirnforschung, die immer genauer mit Elektroden auslesen kann, was in einem beliebigen Moment im Kopf eines Menschen vorgeht kann die Fantasie des Films tatsächlich Realität werden. Nur was bedeutet es für uns?

Ein Gedankenexperiment:
Im Film kann man ein Bewusstsein von einem Menschen auf eine Maschine übertragen. Das „Originalbewusstsein“ muss dabei nicht gelöscht werden. Des weiteren sind die Roboterkörper billig genug, um von der Polizei in AFRIKA dutzendweise gekauft zu werden. Sonderlich teuer können Sie also nicht sein. Nehmen wir einfach mal an, 60.000 EUR – 80.000 EUR pro Stück. Das ist genau so viel, wie ein gutes Auto in Vollausstattung.
Was würde nun einen normalen Menschen davon abhalten, sich diese durchaus erschwingliche Maschine zu kaufen und eine Kopie von sich darauf zu laden. Die Kopie geht zur Arbeit, verdient das Geld, und man selbst feiert bis zu Abwinken. Rücksicht auf sich selber muss man auch nicht mehr nehmen, denn was macht es schon, wenn man verreckt. Gibt ja schließlich mindestens eine Kopie von sich selbst, die weiterlebt.
Natürlich würde das nicht lange funktionieren, denn Ihr Arbeitgeber würde das selbe tun. Nur, dass er Sie und alle Ihre Kollegen gegen Roboterkopien von sich selbst austauschen würde. Die Kosten sinken für Ihn dramatisch, denn er muss nur noch den Gehaltscheck an sich selber ausstellen, seine neuen Untergebenen wissen genau was er will und haben den selben Ehrgeiz wie er auch, leisten also weit mehr. Machen Sie sich keine Illusionen, das wäre das Erste, was jeder Chef tun würde, wenn diese Technologie funktionieren täte. Sie ständen schneller auf der Straße, als Sie „Gewerkschaft“ sagen können.
Nur ein paar Spezialisten würden nebenher noch steinreich. Denn nun kann jeder z. B. den besten Programmierer anwerben. Denn schließlich muss er nur eine weitere Robochassis kaufen, wenn er seinen 853sten Arbeitgeber nicht mehr bedienen könnte.

Terroristen wären auch glücklich, denn nun können Sie sich einfach auf einen Roboter laden und Attentate begehen. Immer und immer wieder. Verbrecher hingegen nutzen die Chance, um leichter und ungefährlicher Überfälle durchzuführen.

Staatschefs hingegen wären viel bereiter, den atomaren Startknopf zu drücken, denn während man als Mensch danach nur noch der Herrscher von Schotter und Geröll wäre, und sowieso innerhalb der nächsten Stunden von der Strahlung gekocht würde wie ein Backhähnchen, lebt es sich doch viel unbeschwerter und sicherer in einem Metallkörper.

Diktaturen würden einfach eine Kopie Ihrer loyalsten Geheimdienstler und Soldaten tausendfach auf Robotergehirne laden. Das Perfekte Regime entsteht. Und da man das nicht nur beliebig oft, sondern auch beliebig lange machen kann, endet das Regime auch nie, da alle großen Staatsoberhäupter ewig leben. Sie brauchen sich nur in einen neuen Körper hochzuladen.

Apropos, wer sagt denn, dass es nicht auch anders herum geht? Ein Bewusstsein nicht von einem Menschen auf einen Roboter übertragen, sondern die auf dem Roboter gespeicherte Kopie in ein anderes, menschliches Gehirn. Das Orginalbewusstsein des ursprünglichen Körpers würde dabei einfach überschrieben. Dann nimmt das Ganze schon vampirische Züge an, denn es bedeutet, man würde immer wieder andere Menschen töten, um sein eigenes Leben zu verlängern. Potentiell bis in die Unendlichkeit. Oder zumindest, bis der Mensch als Spezies ausstirbt. Wie viele Väter und Mütter würden wohl Ihre Kinder auf diese Art töten, wenn es bedeuten täte, noch einmal jung zu sein.

Der Tod lehrt selbst die mutigsten Angst zu haben.

Es ist sehr interessant, wie sehr sich die Wahrnehmung der Bevölkerung verändert hat. Kinofilme sind ja auch immer ein Spiegel jener Gedanken, welche die Gesellschaft momentan besonders bewegen. 1984 war in Filmen wie Terminator die Vorstellung normal, dass ein autonom denkender Roboter uns (logischerweise, wir mögen uns ja selbst nicht) umbringen will, anstatt mit uns Bilderbücher anzusehen. Heute ist der Bösewicht in der Geschichte eben jener Mensch, der versucht, die Übernahme des Alltags durch selbstdenkene Maschinen zu verhindern! Es spricht wohl Bände darüber, wie sehr wir uns an Technologie gewöhnt haben, und wie sehr wir Ihr inzwischen vertrauen.
Natürlich wird es niemals genau so kommen, wie oben beschrieben. Aber das Verhalten der Menschen, falls es möglich wäre ist definitiv ein interessantes Gedankenexperiment und lässt tief in die Seele des Menschen blicken.

2 Gedanken zu „Implikationen“

  1. Was impliziert, dass die Kopie auch „Du“ bist – und eben keine Kopie. DAS wird die große Frage, wenn es technisch einmal machbar wird.
    Bin ICH dann in der Kopie, oder sterbe ICH in meinem Körper, während eine Kopie von mir weiterlebt?

    Noch gruseliger wird es dann mit dem Internet – wenn mein Bewusstsein dann ein paar hundert Maschinen gleichzeitig kontrolliert…

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