Jeder will Anführer sein. Der Boss. Der Chef. Sagen wo es lang geht. Wenn man jung ist, ist das meist das Hauptziel. Ich will Anführer sein. Das Wort wird herumgeworfen und benützt wie eine Jobbeschreibung. Und das ist totaler Blödsinn. Keiner ist ein Anführer. Boss zu sein ist kein Job. Es ist nur der Titel für Menschen, die in einem Job sich nach oben gearbeitet haben.
Keiner ist als Anführer geboren, keiner lernt „Anführer“ als Beruf. Und die, die das versucht haben sind alle gescheitert. Darum wirken alte Männer auch enttäuscht, wenn du Ihnen sagst, du willst Anführer werden. Sie fragen sich: Anführer WOVON?
Anführer zu sein ist kein Job wie Schweißer, Schlosser oder Tischler. Der Handwerker, der Künstler, Sie alle haben gelernt, etwas zu erschaffen. Sie können Anführer werden, denn es fehlt Ihnen nur an der Erfahrung, anderen Menschen sinnvoll Befehle zu geben.
Der Anführer ist der Dirigent eines Orchesters. Er muss verschiedene Aufgaben koordinieren und Menschen mit verschiedenen Gaben richtig einsetzen. Er muss die Instrumente nicht besser spielen können als die Künstler. Aber er muss verstehen, was die einzelnen Künstler beherrschen. Er muss wissen, was mit den einzelnen Instrumenten möglich ist. Wenn er das grundsätzliche Wissen über die Instrumente, was Sie können, wie man Sie benützt, was Ihre Vor- und Nachteile sind, nicht hat wird er niemals ein guter Dirigent sein.
Das wusste schon Sokrates vor 2500 Jahren. Da führte er ein Gespräch mit einem Mann, der von einem großen Feldherrn gelernt hat. Doch der junge Mann hatte von diesem nur Taktiken gelernt, worauf Ihm Sokrates aufzeigte, wie viel grundlegendes Wissen Ihm eigentlich fehlte, um erfolgreich zu sein. (->Erinnerungen an Sokrates von Xenophon, „Buch“ 3, Kapitel 1)
So viele Organisationen scheitern, da die Anführer nicht wussten, was der einfache Arbeiter wissen muss. Die meisten wollen sich nicht herablassen zu lernen, wie der Handwerker sein Handwerk macht. Welche Tricks und Kniffe nötig sind. So viele Vorgaben kommen aus den höheren Etagen von Firmen, die der Firma sogar schaden. Da den Anführern das grundlegende Wissen fehlt.
Besonders wichtig ist hier das Wort grundlegend. Grundlegend kommt von „Den Grund legen“, also das Fundament zu schaffen, auf dem ein Haus gebaut werden kann. Jeder hat hochfliegende Pläne, doch selbst das kleinste Haus ist eine wackelige Affäre und konstant einsturzgefährdet, wenn kein gutes Fundament besteht.
Deswegen fühlen sich heute viele Menschen so leer. Alle wollen Sie ein Haus bauen, ohne sich mit den Fundamenten abzugeben. Das Fundament ist der anstrengendste Teil der Arbeit. Der, wo man sich hineinknien muss und sich selbst dreckig machen. Stattdessen träumt jeder davon, diesen essentiellen Schritt zu überspringen und gleich zu dem Menschen zu werden, der den anderen die Befehle gibt. Der, der sagt, wo und wie Pfeiler, Balken, Bretter zu legen sind.
Doch so funktioniert es leider nicht.
Die Menschen sagen „Erfolg gibt recht.“ und so ist es auch. Erst muss man sich Fähigkeiten aneignen, sein Handwerk lernen. Aber damit ist es nicht getan. Man muss das gelernte auch anwenden und etwas schaffen. Einen Erfolg schaffen. Erst dann werden einem andere Menschen folgen. Menschen lieben Erfolg, denn Erfolg kommt von Können. Und im Gegensatz zu Talent, der Göttergabe, ist Können etwas, das jeder lernen, jeder erreichen kann.
Erst wenn andere die Früchte des Können sehen, sind Sie bereit jemandem zu folgen. Denn dann können Sie seinem Rat, seinem Handeln vertrauen.
Darum sollte man nicht danach streben, den Titel „Anführer“ zu bekommen, sondern danach, etwas zu können. Der wahre Könner wird dann von selbst zum Anführer gekrönt durch all jene, die Ihn versuchen nachzuahmen.
Danke, Michael!
Nach Beobachtung meiner eigenen (jünglichen) „beachtet mich!“ und „ich will der Beste (daher Anführer) sein!“ Gedanken habe ich nach genau so einem Artikel ausschau gehalten.
Danke Tobias!
Freut mich sehr, wenn dich der Artikel so angesprochen und dir etwas gebracht hat! Hast du vielleicht einen Wunsch, was du gerne noch ein bisschen ausführlicher hättest? Bin immer offen für Anregungen.