Beim sportlichen Fechten stehen dem Anfänger ja 3 Waffen mit unterschiedlichen Regeln und Systemen zur Auswahl. Meist fällt dann die Waffenwahl nach ein paar Probetrainings auf die Waffe, die einem am meisten gefällt. Das ist dann oft der Säbel oder manchmal auch der Degen.
Doch wie wird man richtig gut im Kämpfen? Sowohl sportlich, als auch im richtigen Duell (Auch wenn diese heute nicht mehr gefochten werden)?
Die HEMA Gemeinde (Historical European Martial Arts) lacht ja gerne über den Sportfechter, während die meisten Sportfechter das Thema Kampf abseits des Turniers nicht interessiert.
Ich versuche, hier beides zu bedienen. Fechten ist schlussendlich eine Kampfkunst, und wenn man sich dies vor Augen hält bekommt man ein tieferes Verständnis für die Techniken und deren Anwendung. Wie Tai Chi kann man Fechten mit und ohne den Gedanken des realistischen Kampfes machen. Doch erst das Verständnis von Kunst und Kampf führt einen an die Spitze seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten.
Eigentlich ist es ganz einfach. Wer gut in Hieb und Stich werden will macht 2 Jahre Florett, dann 2 Jahre Degen und beginnt danach mit dem Säbel. Den Weg vom Florett zum Degen empfiehlt zum Beispiel Imre Vass in „Epee Fencing: A Complete System“ (In Deutsch leider Vergriffen als „Degenfechten“)
Das Florett ist die reduzierteste aller Waffen, denn erlaubt sind nur die grundlegendsten Techniken. Das zwingt einen jedoch dazu, die Grundtechniken auch wirklich gut zu üben und zu lernen, denn sonst sieht man kein Land. Und ohne diese grundsätzlichen Techniken wird man nie wirklich gut.
Es gelten nur Treffer auf den Rumpf selbst (Arme, Beine, Kopf, nichts davon gilt als Treffer). So wird man geschult, die im Duell potentiell tödlichen Treffer zu setzen. Es hilft ja nichts, wenn man den großen Zeh des Gegners trifft, wenn dieser einem das Herz durchbohrt.
Erlaubt sind nur Stiche, keine Hiebe. Was in einem echten Kampf ein riesiges Problem wäre ist ein Segen für den Lernenden. Denn den Stich beherrscht intuitiv fast keiner. Er muss wirklich gelernt werden. Nicht umsonst sieht man bei Videos von Straßenkämpfen die untrainierten Kämpfer Ihre Fäuste immer in großen Bahnen herumschwingen. Der gerade Stoß ist effizient und schnell, aber ganz unnatürlich. Ausserdem trainiert man den Stich viel besser, wenn man nicht nebenbei noch die völlig andere Biomechanik eines guten Hiebes übt.
Angriffe gehen nur innerhalb der 2 m breiten Kampfbahn, der Planche (Wie bei den anderen beiden Waffen auch). Ein Umzirkeln des Gegners geht also nicht. Das ist natürlich etwas unrealistisch für einen echten Kampf, darum üben das die Leute der HEMA Community anders. Hat aber den Vorteil, dass man genau einübt, die Distanz zum Gegner (Mensur) immer so zu halten, dass er einen gerade nicht treffen kann. Gerade die Fußarbeit gehört zum wichtigsten im Kampf und wird von den meisten schmählich vernachlässigt.
Dazu gilt beim Florett sogenannte Treffervorrecht. Wer zuerst angreift bekommt den Treffer zugesprochen, selbst, wenn der Andere ebenfalls trifft. Was zuerst seltsam klingt hat einen großen Vorteil. Das Treffervorrecht zwingt den Fechter dazu, einen gegnerischen Angriff erst abzuwehren (Parade) und somit erst einen Gegenangriff (Riposte) zu machen, wenn man vor der Klinge des Gegners auch wirklich sicher ist. Macht ja auch Sinn, denn ein Doppeltreffer bedeutet in einem realen Kampf, dass beide verletzt oder Tot sind.
Wer das Florettfechten gelernt hat, der kann gut parieren, gute Stiche setzen, kann schnell zwischen Angriff und Verteidigung wechseln und weiß den Gegner auf Distanz zu halten. Das hilft einem dann enorm beim Degenfechten.
Beim Degen gilt der ganze Körper als Trefferzone, die Waffe ist schwerer und Doppeltreffer sind erlaubt. Es ist also alles etwas näher an einem richtigen Kampf. Bis auf den Griff, denn moderne Degen gibt es leider nur mit französischem und Pistolengriff. Leider recht unrealistisch, dafür aber sehr angenehm zu halten. Immerhin liegt die Waffe mit Ihrem Gewicht von ca. 750 Gramm ziemlich nahe am tatsächlichen Gewicht eines scharfen Degens.
Mit der erweiterten Trefferzone lernt man nun auch völlig neue Techniken im Stechen. Wenn der Gegner gerne den Kopf weit nach vorne reckt kassiert er nun einen Kopftreffer. Auch ein Treffer auf das Knie ist gerne mal drin, wenn dieses zu weit vorne hat. Und natürlich lernt man dann, den Waffenarm des Gegners zu treffen. Das ist das Brot und Butter des Degenfechters. Ein Stich in den Unterarm, ein Treffer in die Armkehle und schon wäre im realen Duell der Gegner verletzt und entwaffnet, denn laut alten Fechtbüchern führt ein Armtreffer unweigerlich dazu, dass der Gegner seine Waffe nicht mehr in der Hand halten kann.
Taktisch ist es sowieso sinnvoll, zuerst den Arm anzugreifen. Verfehlt man den nämlich hat man noch genügend Abstand für einen Rückzug oder kann einfach den Angriff weiterführen auf den gegnerischen Körper.
Die nun möglichen Doppeltreffer hingegen erinnern einen daran, dass der Gegner ja auch noch eine Waffe hat und zustechen kann. Wenn man aber das Parieren beim Florett richtig gelernt hat sollte man damit kaum Probleme haben.
Als letztes kommt dann der Säbel. Endlich kommen dann die ganzen Hiebtechniken hinzu. Was einen vorher mit vielen neuen Paraden und Angriffswinkeln verwirrt hätte ist nun halb so schlimm, die Basis kann man ja schon.
Auch das Treffervorrecht kehrt zurück, was nicht unbedingt schlecht ist, denn Säbelduelle sind nochmal einen Zacken schneller als Degen und Florett. (Was am geringen Gewicht des Säbels und der Vielzahl an Angriffswinkeln liegt.
Geändert hat sich jedoch die Trefferzone. Nun gilt nur noch alles über der Gürtellinie als Treffer. Auch das hat einen Grund. In alten Anleitungen wurden immer wieder Hiebe auf das vordere Bein des Gegners beschrieben. Diese Hiebe waren jedoch immer brandgefährlich, denn viele endeten damit, dass man dem Gegner zwar am ungeschützten Bein verletzte, dieser einem dafür jedoch den Schädel spaltete. Deswegen (Und da man sonst fürs elektrische Fechten auch noch eine elektrisch leitende Hose bräuchte) flogen diese Hiebe dann irgendwann aus dem Programm.
Wer das alles kann ist am Ende ist dann ein guter Fechter und ein guter Kämpfer. Natürlich gibt es immer mehr, was man machen kann, um an der Kunst zu feilen. Wer will kann ja die alten Anleitungen lesen und noch Entwaffnungen und exotischere Angriffe in sein Repertoire nehmen. Muskel- und Ausdauertraining schadet ebenso wenig. Gerade die alten Kugelhanteln und Indian Clubs trainieren den Unterarm vorzüglich für die Fechtbelastung.
Schlussendlich gilt auch: Turniere, Turniere, Turniere! Man kann nur so gut werden, wie die Gegner, die man hat.